Was bedeutet Pubertät?

Kannst du dich noch an deine Pubertät erinnern…? Warst du für deine Eltern immer ansprechbar, hast alles gemacht, was sie gesagt oder dir aufgetragen haben? Sicher nicht. Tatsächlich ist es eine verrückte Zeit, voller Hormone, physischer und psychischer Veränderungen, die zu einer Menge Verwirrungen führen. Aber was ist mit Hunden? Glaubst du sie durchlaufen ebenfalls eine Pubertätsphase? Die Antwort ist JA!

Sie erleben ähnliche Entwicklungsschübe wie wir Menschen. Und auch bei den Hunden ist diese hormonbedingte Umwandlung für eine gesunde, körperliche und geistige Entwicklung wichtig und auch notwendig. Sie durchleben die erste Reifephase zum Erwachsen werden und wollen sich behaupten. Besonders jetzt suchen sie ihre Stellung in der Familie und stellen deshalb vieles in Frage.

Falls dein Pubertier mal wieder auf Durchzug stellt und Anweisungen nicht befolgen will, nimm es nicht persönlich. Er kann im Moment nicht anders.

Veränderungen beim Hund

Eines der ersten Dinge, die zu Beginn der Pubertät passieren ist, dass Hunde ihren Geruch verändern, was sich auch im Urin widerspiegelt. Fremde Hunde interessieren sich auf einmal für die Hinterlassenschaften deines Hundes und dein Hund muss erschnuppern, wer vor ihm an diesem Ort war. Deshalb beginnen sie beim Pinkeln das Bein zu heben (markieren). In der Hundewelt gilt, je höher, desto beeindruckender. Nicht selten ist zu beobachten, dass kleine Terrier beim Urinieren am Baum einen Handstand fabrizieren, um große Hunde einzuschüchtern. Für den Hund ist das Markieren im eigenen Territorium besonders wichtig. Das sogenannte „Revierabstecken“ erweitern manche Hunde mit jeder getroffenen heißen Hündin. Denn mit dem Erwachsenwerden beginnt auch das Interesse am anderen Geschlecht. Der eben noch so süße Welpe wird sexuell aktiv und selbst als Junghund besteht das Risiko, Hündinnen zu schwängern. Es ist wichtig, dass Hunde während dieser Zeit gut überwacht werden, um sicherzustellen, dass sie nicht auf Damensuche gehen.

Hündinnen werden während der Pubertät läufig. Das dauert im Schnitt 3 Wochen und stellt einen besonderen Entwicklungsschub dar. Wenn diese Zeit bevorsteht, werden die meisten Hündinnen ungehorsamer, beginnen ständig Pipi abzusetzen (markieren), einige heben sogar leicht das Bein und wirken abwesend. Sie werden anhänglicher und haben Stimmungsschwankungen. Zu Beginn der „Hitze“ schnappen die meisten Hündinnen ihre Verehrer weg und lassen keinen Hund an ihren Popo. Mit der Zeit der Standhitze (10.-18. Tag) ändert sich das und es besteht großes Interesse am anderen Geschlecht. Hier müsst ihr aufpassen und den Hund immer unter Beobachtung halten. Oft reicht ein normaler Gartenzaun zur Verhütung nicht aus. Denn auch in der ersten Hitze kann die Dame schwanger werden.

Während der Pubertät sterben ungenutzte Synapsen ab, lassen aber Nervenfasern und Arbeitsspeicher größer werden, wodurch sich der Informationsfluss verbessert. Hunde sind aufnahmefähiger und können sich länger konzentrieren. Auch die Abfolge von Verhaltensketten erscheint ihnen klarer. Diese Entwicklung nehmen wir Menschen erst nach Monaten der Pubertät wahr, denn bis dahin sind die meisten Hunde rebellisch und unaufmerksam. Übungen werden teilweise gar nicht oder nur sehr ungern ausgeführt. Einige Hunde werden unabhängiger, und ziehen weite Kreise.

Wie komme ich entspannt durch diese Zeit?

Entscheidend für dich als Besitzer ist es, dass du geduldig und verständnisvoll mit deinem Hund umgehst und es nicht persönlich nimmst, wenn er sich mal wieder auf „stur“ stellt. Je ruhiger und souveräner du bist, desto klarer wird deinem Hund, dass du nicht auf seine „Spielchen“ eingehst. Er wird schneller die „mentale“ Pubertät durchleben und eher wieder ansprechbar sein. Auch wenn es nicht so aussieht, gerade jetzt benötigen Hund eine sichere Führung – jemanden, wo sie aufblicken können.

Generell musst du konsequent, aber fair bleiben. Warte geduldig und ruhig auf die Ausführung deiner Anweisung, auch wenn es etwas länger dauert. Laut zu werden bringt gar nichts, im Gegenteil, dein Hund sieht das als Schwäche an. Mehr zu trainieren hilft leider auch nicht, wenn die Hormone verrückt spielen. Nutze deine Energie für einen anderen Tag.

Das „Spiel“ mit Artgenossen wird in der Pubertät mitunter etwas rauer. Souveräne erwachsene Hunde unterstützen den Lernprozess, nicht zu übermütig zu werden. Das Pöbeln an der Leine muss sofort unterbunden werden.

Solange dein Hund nicht immer ansprechbar ist bzw. ab und zu seine eigenen Wege geht, muss er an die Leine. Für Spaziergänge im Wald oder auf dem Feld ist eine 5m Leine sehr gut geeignet. Die fasst du nur am Ende an und gehst stetig voran. Du bleibst nicht stehen, auch nicht zum Schnuppern, nur zum „Geschäfte“ erledigen. Läuft dein Hund weit nach vorne, bleibst du stehen und gehst konsequent in die andere Richtung weiter. Holt er dich ein, drehst du dich in die Ursprungsrichtung. Alles ohne Kommentar! Wiederhole es so lange, bis dein Hund im Radius der Leine bleibt. Du nutzt sie nur als Begrenzung, nicht zum Ziehen oder Rucken.

Damit sich dein Hund für dich und nicht für alles ringsherum interessiert, biete ihm einen Job an. Lass ihn Apportieren, verstecke einen Ball, mach Verlorensuche oder einfache Erziehungsübungen. Je mehr er mit dir arbeitet, desto weniger Interesse hat er an der Außenwelt. Der Anfang ist schwer. Du musst sehr penetrant, immer wieder dein „Spiel“ anbieten, bis er mitmacht.

Chip oder Kastration bei Rüden

Bitte denkt nicht sofort an diese Dinge, nur weil euer Hund sich für Mädels interessiert und die Ansprechbarkeit schwindet. In den ersten 2 Jahren sind die Hormonschübe regelmäßig, nehmen danach aber meistens ab. Ohne einen medizinischen Grund ist eine Kastration laut Tierschutzgesetz eh verboten. Viele Tierärzte scheinen das zu vergessen, denn sie klären ihre Patienten nicht darüber auf. Im Gegenteil, viele preisen eine Kastration sogar an.

Natürlich werde ich oft zu diesem Thema befragt und habe inzwischen eine klare Meinung dazu. Wenn ihr euch für einen Rüden entschieden habt, wisst ihr, dass bei den meisten Hunden früher oder später der Fortpflanzungswunsch auftreten wird. Das ist im Sinne der Natur.  Hier seid ihr gefragt, diesen Trieb zu kontrollieren und durch Erziehung im Rahmen zu halten. 

Ist euer Hund mit 3 Jahren immer noch hypersexuell unterwegs und/oder hat ständig Stress mit unkastrierten Rüden, ist sicher von einer medizinischen Indikation zu sprechen und eine Kastration empfehlenswert. Da die Hunde ihren Trieb nicht ausleben können und jeden Rüden als potentiellen Konkurrenten ansehen, stehen sie permanent unter Strom. Das kann zu psychischen und physischen Problemen führen.

Einen Kastrations-Chip empfehle ich nicht, da ich bereits einige völlig verstörte Hunde erlebt habe, bei denen wahrscheinlich der Chip die „Hormone“ zu abrupt abgegeben hat. Sie waren total überdreht, fiepten und standen gefühlt unter Dauerstress. Spätestens nach einem halben Jahr verschwand diese Auffälligkeit wieder. Einige von ihnen wurden trotzdem kastriert und zeigten kein sonderbares Verhalten. Grundsätzlich habe ich bei kastrierten Hunden keine Auffälligkeiten erkannt. Außer bei denen, die trotz ängstlicher Disposition kastriert wurden. Diese Hunde wurden deutlich unsicherer. Wobei es sich bei manchen mit der Zeit legte.

Auch wenn die Tierärzte es oft behaupten, kann ich nicht bestätigen, dass der Chip wie eine Kastration wirkt. In meinen 25 Jahren als Trainerin habe ich Hunde in allen Varianten erlebt (früh/spät kastriert, mit/ohne Chip etc.) und kann mir daher ein Urteil, nicht aus medizinischer Sicht, aber aus verhaltenstechnischer Sicht erlauben.

Fazit

Insgesamt kann die Pubertät bei Hunden eine Herausforderung darstellen, auch weil viele sich verselbstständigen.

Sie ist jedoch eine wichtige Reifephase im Leben eines Hundes. Sie bringt entscheidende, Veränderungen mit sich, die zu Schwierigkeiten im Gehorsam führen können. Bleibst du trotzdem konsequent und ruhig, gibst deinem Hund Zeit, die Reifung zu durchleben und schmunzelst auch mal, wenn wieder ein „Sitz“ zur Geduldsprobe wird, kommt ihr stressfreier durch diese Zeit.

Bevor ihr über eine Kastration nachdenkt, lasst euren Hund erwachsen werden. Entscheidet frühestens mit 3 Jahren, ob eine Kastration notwendig ist. Eine solide Erziehung mit viel Beschäftigung und Bindungsarbeit ist hilfreich, um die meisten Hunde vom Fortpflanzungstrieb abzubringen.

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